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Reisebericht Myanmar


Land der tausend Pagoden


Gleich mal vorweg: Nach den paar Tagen, in
denen ich mich in Myanmar – hauptsächlich in der Region zwischen Yangon und Bago –
umsehen konnte, bin ich nicht zum Myanmar-Experten geworden. Aber ein paar interessante Erkenntnisse fallen bei einer solchen Reise immer ab.

 

Myanmar (ehemals Birma oder Burma) stand schon lange auf meiner Wunsch(reise)liste. Aber jahrzehntelang war das Land kaum bereisbar. Nachdem die ehemalige britische Kolonie 1948 unabhängig geworden war, verschloss sie sich auch gleich und war bis 1988 eine Militärdiktatur mit sozialistischem Anstrich. 1988 ist das Jahr, in welchem Hoffnung auf eine Demokratisierung aufkam – solche News erreichten den Westen, der Name Aung San Suu Kyi wurde ein Synonym für den gewaltlosen Kampf für Freiheit und Menschenrechte.

 

Suu setzte sich für ein demokratisches Birma ein, aber ohne Erfolg. Schon drei Wochen nach ihrer ersten Rede war eine neue Militärregierung an der Macht. Und warf Suu vor, sie «gefährde die staatliche Sicherheit». 1989 wurde sie erstmals unter Hausarrest gestellt. 1990 gewann ihre Partei die Wahlen, aber die Militärregierung erkannte diese nicht an.

 

1991 erhielt Suu für ihren Kampf den Friedensnobelpreis, sie holte ihn aber nicht ab, weil sie befürchtete, danach nicht wieder in ihr Land gelassen zu werden. Ihr Kampf gegen die Militärs kostete sie einen Hausarrest nach dem anderen (die Anklagen waren jeweils lächerlich, wie zum Beispiel jene, sie hätte einen Amerikaner in ihrem Haus «beherbergt»). Dieser wurde zu sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilt (!), dann aber auf Intervention der USA frei gelassen. Erst Ende 2010 wurde Suu von ihrem Hausarrest befreit, und 2012 startete sie ihre Wahlkampftour und wurde – inzwischen 67 – Mitglied des Parlaments. Nun sollen 2015 erste freie Wahlen stattfinden. Man darf gespannt sein, wie «frei» diese sind, und wie sich Myanmar entwickelt.

 

Myanmar ist rund 17mal so gross wie die Schweiz und hat über 50 Mio Einwohner. Rund 90% sind Buddhisten. Seit seiner Öffnung ist es ein beliebtes Reiseziel geworden. Noch immer wirkt es ärmlich und unterentwickelt, aber das macht wohl seinen Reiz aus. Und die Freundlichkeit seiner Einwohner ist legendär.

 

Tagebuch
14. November 2014, Yangon


Vom Yangon-River bekommen wir nicht viel mit, denn es ist noch stockdunkel, als die MS Seabourn Odyssey den Fluss Richtung Rangoon rauf dampft. Aber als wir um 08.00 am Pier festmachen, werden wir von einem freundlichen Empfangskomitee mit Musik- und Tanzeinlagen begrüsst. Wir sind in Myanmar angekommen!


Einen Ausflug haben wir erst für den späteren Nachmittag gebucht, weil wir die berühmteste Pagode von Yangon im Abendlicht sehen möchten.

 

Das gibt uns die Gelegenheit für eine Voraus-Erkundung auf eigene Faust ins nahe gelegene und rustikale Thanlyin, das auf der anderen Seite des Yangon-Rivers liegt. Wir schnappen uns ein Taxi und lassen uns das ländliche und noch ziemlich unverfälschte Myanmar zeigen. Wir sind die einzigen Fremden hier.

 

Die Verständigung ist schwierig, kein Mensch im Dorf spricht Englisch, und niemand versteht, dass wir unsere US-Dollars in Myanmargeld umtauschen möchten (das Kyat heisst und Tscha ausgesprochen wird). Für einen Dollar gäbe es 1000 Kyats, hiess es, aber das bleibt vorerst Theorie. Wir lösen das Problem, indem wir mit Dollars etwas kaufen und uns das Rausgeld in Kyat geben lassen.


Als erstes besuchen wir den einheimischen Markt von Thanlyin – weit und breit kein weisses Gesicht – denn in dieses Kaff verirrt sich kaum ein Tourist. Diese wollen eher in die Grossstadt Yangon, wo die ganz berühmte Pagode steht, die Shwedagon. Das verschieben wir auf später.
Wir sind überrascht, wie gepflegt der Markt ist, gemessen an den eher ärmlichen Holz- und Betonhäusern des Dorfes, deren Dächer aus Wellblech bestehen, und in deren Umfeld allerlei Müll rumliegt. Nicht aber im Markt! Das Angebot an Früchten, Gemüsen, Fisch und Fleisch ist reich, alles ist sehr schön präsentiert, und die Menschen hier sind sehr freundlich und ungestresst.

 

Viele Frauen – fast alle – schminken sich das Gesicht mit einer Thanaka-Paste. Das ist zum einen Schmuck, zum anderen soll es auch gegen die Sonne schützen. Letzteres scheint allerdings eher unglaubhaft, denn die meisten Muster decken nur einen Teil des Gesichts ab und würden, wenn es denn Sonnenschutz wäre, an den anderen Stellen einen bösen Sonnenbrand zulassen. Also wohl doch eher Schmuck oder Schönheitsmittel. Wofür allerdings, erschliesst sich uns nicht, denn die jungen Frauen brauchen wohl kaum eine Anti-Faltencrème.

 

Nur wenige tragen moderne Kleidung, die meisten bleiben bei ihrem traditionellen Longyi, einem Art Wickeljupe. Diesen tragen auch viele Männer, und sogar in der Stadt ist diese praktische und dem heiss-feuchten Klima angepasste Kleidung oft zu sehen. Das eigentliche «Markenzeichen» der Männer sind aber ihre braunen Zähne. Diese stammen vom ständigen Betel-Kauen, der einheimischen Form von Kaugummi. Und selbst an sich hübsche Burschen sehen deshalb fürchterlich aus – ein strahlendes Pepsodent-Lachen macht die braune Betelsauce jedenfalls nicht. Vielleicht stehen ja die Mädchen von Myanmar auf Männermünder, die aussehen, als hätten sie Zahnbluten...

 

Rund um Thanlyin stehen mehrere Pagoden. Die erste, die wir besuchen, heisst Kyaik-Kauk, was man wie Tschai-Kau ausspricht. Pagoden sind im ursprünglichen Sinn Grabhügel, in denen Relikte der verehrten Heiligen aufbewahrt werden. Ihre Form ist angeblich so entstanden: Ein Jünger Buddhas soll diesen gefragt haben, wie er ihn denn nach seinem Tod verehren könne. Buddha soll einen Bettelbecher genommen und diesen umgestülpt haben: «An diesen kannst du deine Gebete richten». Und die umgestülpten «Bettelbecher» wurden immer grösser und grösser gebaut, schliesslich noch mit Gold überzogen. Falls die Geschichte stimmt. Wenn nicht, ist sie doch gut erfunden.

 

Etwa 20 Kilometer südlich von Thanlyin – an einem Nebenarm des Yangon-Rivers – wartet ein weiteres Highlight: Die mitten im Fluss auf einer winzigen Insel gelegene Kyauk-Tan-Pagode. Sie ist nur mit dem Boot erreichbar. Hier wimmelt es nun von Touristen, die meisten sind Chinesen. Und alle wollen sie über den Fluss – ein unbeschreibliches Chaos: schreiende Begleiter und Touristenführer, ein Gedränge ohnegleichen, aber total faszinierend. Für die Einheimischen stehen spezielle Boote bereit – ohne jede Sitzgelegenheit – die Leute hocken auf dem Boden des Schiffes, jeder hat Opfergaben dabei, vornehmlich Blumen, aber auch Futter in Form von Reisknödeln für die riesigen Welse, die die Pagodeninsel umschwimmen. Wir auch. Doch die Fische sind nicht mehr hungrig. Sie wurden schon von einer Million Chinesen gefüttert und sind längst vollgefressen.

 

Wer die Insel betritt, muss als erstes die Schuhe ausziehen (das gilt für alle heiligen Stätten) und barfuss gehen. Die Pilger, die zum Beten angereist sind, lassen sich von den Touristen nicht im Geringsten stören, die Fremden werden einfach ignoriert. Von der kleinen Insel mitten im Fluss ist kaum noch was zu erkennen, sie ist total mit Sakralbauten überfüllt. Die goldene Pagode bekommen wir nicht zu sehen, sie ist zurzeit in Revision und rundum in Kokosmatten eingehüllt. Das schmälert aber den Gesamteindruck dieser einmaligen Pilgerstätte im Fluss nicht – wir sind überwältigt und kommen aus dem Staunen nicht heraus.

 

Ende der Militärherrschaft 2015?


Myanmar hat sich zwar in den letzten Jahren etwas geöffnet, aber erholt hat es sich noch nicht von der jahrzehntelangen unheiligen Allianz zwischen Sozialismus und Militärdiktatur. Letztere verspricht zwar freie Wahlen auf 2015 und holt mit diesem Versprechen auch schon mal ein paar Investoren ins Land.

 

Unweit unserer Anlegestelle im Rangoon-River wird zur Zeit an einem riesigen Industriefeld im Niemandsland gebaut – dort wollen die Japaner eine Autoproduktion errichten. Weitere solcher Development-Centers entstehen zur Zeit, aber die Welt wird 2015 genau hinschauen, wie die «freien Wahlen» verlaufen. Sollte sich daraus eine stabile politische Situation ergeben, hat Myanmar durchaus Chancen auf einen Entwicklungsschub, – aber nur dann. Und den braucht es dringend.

 

Das Land wirkt durch und durch ärmlich, es erstickt im Dreck, die Infrastruktur ist auf tiefstem Stand, die wenigen Strassen sind eine Zumutung und dem ständig dichter werdenden Verkehr schon längst nicht mehr gewachsen. Das allerdings ist eine Erscheinung, die auch in gut entwickelten Ländern zu beobachten ist: Es gibt überall viel zu viele Fahrzeuge, und der Autoboom will nicht aufhören.

 

Aber eigentlich sind wir ja nicht hierher gekommen, um im Verkehrschaos zu stecken und hässliche und zerfallene Wohnblöcke zu studieren. Was wir sehen wollen, ist Gold! Gold auf den Pagoden und in den Tempeln. Und davon gibt es hier mehr als genug. Tausende. Je ärmer ein Land, desto verschwenderischer und reicher die religiösen Tempel, dieser Grundsatz gilt auch hier. Und das Geld für all das Gold stammt von den Gläubigen, die spenden, was sie haben. Und sind dann stolz über diesen Prunk. Das prunkvollste Stück steht in Yangon und heisst Shwedagon.

 

15. November 2014

Yangon: Die Shwedagon-Pagode


Was wäre Yangon ohne seine Shwedagon-Pagode! Diese überragt die ganze Stadt, und man sieht sie als erstes schon aus vielen Kilometern Entfernung. Sie steht auf einem Hügel und ist zudem selbst noch fast 100 Meter hoch. So goldig, wie wir sie erwartet haben, ist sie dann aber nicht. Wie schon unsere erste Pagode in Thanlyin und unsere zweite auf der Insel im Fluss ist auch die Shwedagon «gerade in Revision» und dick ummantelt mit Bambusstöcken und Kokosmatten. Aber wir nehmen an, dass sie golden ist, denn so heisst sie ja: Shwed steht für Gold. Also glauben wir auch, was im Führer steht: Die obere Hälfte, die Stupa, soll mit 10'000 Goldfolien bedeckt sein, und diese Plättchen wiegen eine Tonne. Eine Tonne Gold.

 

Alle zwei bis drei Jahre wird die Pagode in Matten gehüllt und mit neuem Blattgold überzogen, damit das Prunkstück in frischem Glanz erstrahlt (nicht für uns, wir sind im falschen Jahr da...). Zum Glück gibt es noch viele Pagoden im Land – wir werden bestimmt auch noch eine unverhüllte zu Gesicht bekommen. Übrigens: Auf der obersten Spitze steckt eine kleine Kugel von 25 cm Durchmesser, die mit 4'350 (!) Diamanten besetzt ist. Der grösste soll 76 Karat schwer sein. 100 Meter über Boden, das ist ziemlich diebstahlsicher.

 

Das Gelände, auf dem die Shwedagon steht, ist riesig. Und es gibt ja nicht nur die grosse Pagode, sondern hunderte von kleineren Stupas, dazu heilige Stätten, Türmchen, Tempel, Nischen, Buddhastatuen, alles reich mit Gold bedeckt – man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Und merkt deshalb auch überhaupt nicht, dass die Füsse brennen, obwohl man schon Kilometer um Kilometer auf dem heissen Boden rund um die Pagode gepilgert ist – und das barfuss!

 

 

16. November 2014, Bago


Unsere MS Seabourn Odyssey liegt drei volle Tage im Hafen von Yangon – genügend Zeit, auch noch einen Ausflug nach Bago zu unternehmen. Bago liegt nur etwa 80 km nördlich von Yangon, aber da unser Schiff ziemlich weit unten im Yangon-River festgemacht ist, muss unser Bus zuerst die Strecke in die Stadt bewältigen und dann diesen Moloch auch noch durchqueren, weil es keinerlei Umfahrungsstrassen gibt.

 

Die Stadt ist mit Autos verstopft, das Vorwärtskommen mühsam, und so sind wir schon auf dem Hinweg mehr als drei Stunden unterwegs. Und sehen nur gerade, was man halt so aus dem Busfenster mitbekommt: Primitive Hütten und überall Müll. Unterwegs zeigt man uns einen Baum, auf dem ein Geist wohnt – ein so genannter Nat – der dafür sorgt, dass die Autofahrer unfallfrei über die Strecke kommen. Nein, gesehen haben wir ihn nicht, den Nat.

 

Der zweite Stopp gilt einem Kriegsfriedhof mit Opfern des 2. Weltkriegs. Briten und Inder, die für das Commonwealth im Kampf gegen die Japaner gestorben sind – 27'000 Gräber. Einige unserer englischen Gäste halten hier nach ihren Vätern Ausschau.

 

Es wird gut 14.00 Uhr, bis wir unsere eigentliche Bago-Tour beginnen können, aber dann wird es echt spannend: Wir statten dem grossen liegenden Buddha (55 m lang, 16 m hoch, der grosse Zeh 1.80 m...!) einen Besuch ab und danach einem echten Kloster, in dem buddhistische Mönche ihrem Studium nachgehen.

 

Mehr als überraschend, dass wir als Touristen dieses Kloster besuchen dürfen – aber auch typisch für den Buddhismus, der sich offener zeigt als andere Religionen. Kyakhatwaing ist eines der grössten Monasteries des Landes und beherbergt mehrere tausend permanente und «Teilzeit»-Mönche, aber auch Novizen. Die Gäste dürfen dem Unterricht beiwohnen und sich dabei frei bewegen und sogar fotografieren (!). Die Mönche lassen sich davon nicht stören und singen voller Inbrunst und in sich gekehrt ihre Gebete, die von einem Vorbeter per Mikrophon angetönt werden. Höhepunkt der Veranstaltung ist dann zweimal am Tag die «Fütterung der Mönche». Dabei sollen die Gäste tatsächlich der langen Schlange der Mönche das Essen überreichen. Diese Folklore mussten wir zum Glück nicht über uns ergehen lassen.

 

Und dann sehen wir sie doch noch, unsere goldene Pagode, die tatsächlich golden glänzt und nicht gerade in Revision ist! Hintagone heisst sie. Unser Highlight des Tages! Danach beginnt die mühsame Rückreise, diesmal zur Hälfte in Dunkelheit, nochmals drei lange Stunden im Bus, bis wir uns endlich wieder dem Luxus unserer MS Odyssey hingeben können.

 

Fritz Kleisli

November 2014

 

 

 

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