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Reisebericht Serengeti, Tanzania


Für die Fahrt dorthin brauchen wir einen ganzen Tag, sehen diesen aber nicht nur als Reisetag, sondern als Gamedrive. Und tatsächlich laufen uns die tollsten Szenen über den Weg.

Schon in den ersten Stunden treffen wir auf eine Herde von Giraffen, die unseren Weg kreuzt. Eine solche Menge von Giraffen auf einmal haben wir noch nie gesehen! Es sind sicher 60, 70 Tiere, ganze Familien mit ihren Babies. Einmalig elegant.

Und jetzt kommt es so richtig auf, das «Afrika-Feeling»: Buschwerk, Akazien, eine faszinierende Landschaft. Die Serengeti ist mit über 14‘000 km2 das grösste Wildreservat Ostafrikas und gleichzeitig Tanzanias ältester Nationalpark – er besteht schon seit 1951. Sein Name stammt aus der Sprache der Maasai: «Siringet» bedeutet «unendliche Fläche». Diese Fläche ist das Markenzeichen der Serengeti, die hunderttausenden von Tieren einen idealen Lebensraum bietet.

Aber es gibt da noch ein interessantes Merkmal. Es sind die so genannten Kopjes: Granitfelsen-Kuppeln, die sehr illuster aus der Fläche ragen und eine Art Oase bilden. Besonders beliebt bei den Löwen, die auf den warmen Felsen dösen, oder, wenn sie denn dazu Lust haben, sich von oben einen Überblick über die «Futterlage» machen können – von nirgends sieht man das Wild besser.

Apropos Wild: Wir haben zwar alles gesehen, was es zu sehen gibt, Gnus, Zebras, Antilopen aller Gattungen, Büffel, aber die ganz grossen Herden sind uns nicht begegnet. Das hat damit zu tun, dass die grossen Wanderungen jeweils in der Übergangszeit zwischen den Jahreszeiten (Trockenzeit/Regenzeit) stattfinden. Wir dagegen befinden uns in der Mitte der Regenzeit, die vom November bis im April stattfindet. Unter Regenzeit muss man sich allerdings keine Dauerregen vorstellen. Oft regnet es in der Nacht, unsere Reise wurde auf jeden Fall nie vom Regen behindert.

Gegen Abend des Sonntags erreichen wir – einmal mehr ziemlich durchgeschüttelt – unser Ikoma-
Bush-Camp. Es besteht aus Zeltwohnungen, das heisst: Die doppelwandigen Zelte stehen unter einem Strohdach. Die zwei einfachen Betten werden je von einem Moskitonetz geschützt, und im hinteren Teil der Wohnung ist eine gemauerte Nasszone eingerichtet, mit Toiletten und Dusche. Ziemlich komfortabel das Ganze, wenn man berücksichtigt, dass das alles mitten im Busch steht. Und man muss sich daran gewöhnen, dass man diese Behausung mit allerlei Getier zu teilen hat. Käfer und Spinnen im Bad sind normal; etwas Hektik kommt dagegen auf, als sich ein Schwarm Bienen im hinteren Teil des Hauses verfängt und wie wild rumsurrt. Offenbar finden die nervösen Viecher den Ausgang nicht mehr. Zuerst versuchen wir, sie nach hinten raus zu scheuchen, aber das macht sie nur noch wilder. Schliesslich öffnen wir unser «Wohnzimmer», reissen alle Fenster und Zelttücher auf und geben den Weg nach vorne frei. Das klappt. Die Brummer entdecken den neuen Fluchtweg sofort und machen sich in die Freiheit.


Montag, 9. Februar 2009
Heute steht ein voller Tag für Gamedrives auf der Liste, aber nach der gestrigen Gewaltsfahrt entscheiden wir uns für ein leicht abgespecktes Programm und begnügen uns mit einer fünfstündigen Pirschfahrt, so, dass wir zum verspäteteten Lunch wieder im Camp sind. Wir haben Glück und treffen auf echte Attraktionen. Zuerst sichten wir einen Fluss, vollgepfercht mit schnaubenden und streitenden Hippos, dann laufen uns Elefanten und Giraffen über den Weg.

Nur wenig später staunen wir nicht schlecht, als wir einen Baum voller Löwen entdecken! Zuerst hängen sie nur faul in den Ästen, aber dann beginnen sie drin rumzuklettern wie die Affen, und beim genaueren Hinsehen merken wir, dass sich sogar Babies im Baum aufhalten. Eine einmalige Trouvaille!

Aber nicht genug damit: Kurz bevor wir den Heimweg antreten, bekommen wir einen Funkspruch von anderen Jeeps mit: Leopard gesichtet! Es kommt Hektik auf, und unser Fahrer drückt aufs Gas. Wir sind der dritte Jeep, der sich unter den entsprechenden Baum manövriert, und dann starren wir gebannt auf dieses seltene und wunderschöne Tier, nur ein paar Meter von uns entfernt. Sieben Safaris lang (meine erste war 1984 in Kenia), habe ich nie einen Leoparden zu Gesicht bekommen, und nun, was für ein erhabener Moment! Mir kommt jener Ranger in Namibia in den Sinn, der vier Jahre lang dort tagtäglich professionell unterwegs war und nie einen Leoparden sah! Unsere Katze auf dem Baum wird langsam unruhig, die wachsende Wagenkolonne stört sie ganz offensichtlich – inzwischen haben sich bereits sieben Jeeps mit Dutzenden von klickenden Bewunderern eingefunden – sie findet «es reicht», steigt ohne jede Hektik vom Baum und verschwindet, geschmeidig unter einem Jeep hindurch, im Busch auf der anderen Strassenseite. Wir haben unseren Leoparden gesehen! Wir! Was für ein Schwein!

Besser kann es jetzt nicht mehr kommen, und so machen wir uns– rundum zufrieden mit der Serengeti und der Welt – auf den Weg zurück in unser Camp.


Dienstag, 10. Februar 2009
Was haben wir eigentlich noch nicht gesehen? fragen wir uns beim Aufstehen. Heute ist ja der letzte Tag im Busch. Gegen Mittag ist der Rückflug nach Arusha und Zanzibar geplant, also bleiben uns auf dem Weg zum Flugfeld noch ein paar Stunden für Wildbeobachtungen.

Also: Was fehlt uns noch? Richtig: einen Cheetah (Gepard) haben wir noch nicht angetroffen. Wir scherzen im Auto: Den sehen wir doch noch auf der Fahrt zum Flugzeug! Das glauben wir natürlich selber nicht, aber das Unmögliche geschieht. Kurz vor dem Erreichen des Flugfeldes kommt wieder eine Funkmeldung herein: Cheetah im offenen Gras! Unser Fahrer weiss offenbar genau, an welcher Stelle, wir rasen dort hin. «Macht nichts, wenn wir zu spät zum Flieger kommen, die haben eh immer Verspätung», meint er cool. Und dann zeigt er auf irgendeine Stelle im Gras und sagt: «Dort ist er!». Wir sehen nichts, absolut nichts, so gut ist er getarnt im hohen, trockenen Buschgras. Aber dann tut er uns den Gefallen und hebt seinen Kopf, zeigt sich in voller Grösse. Unser Cheetah! Unglaublich, auch den noch...


Fritz Kleisli, Februar 2009

>Fotogalerie Ngorongoro und Serengeti

Erst der Leopard macht das
Safariglück komplett

Eine lange Wegstrecke steht bevor: Von der Gibbs-Farm (östlich des Ngorongoro-Reservats) bis quer durch die beiden Parks in unsere neue Lodge, die westlich der Serengeti liegt.